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Stadtautobahn-Attentäter: Sarmad A. will von "Engel des Todes" geleitet worden sein

2021-04-15T16:52:36.408Z


Drei Menschen wurden schwer verletzt, als Sarmad A. in Berlin mit seinem Opel zwei Motorroller und ein Motorrad rammte, Autos demolierte. Das Protokoll dieser Fahrt ist erschreckend – bestraft werden kann er wohl nicht.


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Der Angeklagte vor Gericht

Foto: Bernd von Jutrczenka / dpa

Im Wahn habe Sarmad A. am Abend des 8. August 2020 mit seinem Auto auf der Stadtautobahn möglichst viele Menschen töten wollen, um »Schrecken in der Bevölkerung« zu verbreiten.

So trägt es der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft am Donnerstag vor der 21. Großen Strafkammer des Landgerichts Berlin in der Anklage vor. Drei Menschen wurden schwer verletzt, als der 30-jährige Iraker mit seinem schwarzen Opel Astra auf der Autobahn zwei Motoroller und ein Motorrad rammte. Zuvor hatte Sarmad A. mit seinem Opel mehrere Autos demoliert. Ein »Engel des Todes« habe ihn über die Autobahn 100 mitten durch Berlin geleitet, soll Sarmad A. nach seiner Schreckensfahrt einem Arzt gesagt haben.

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August 2020: Fahrzeug des Attentäters, Motorradwrack auf der Berliner Stadtautobahn A100 (Archivbild)

Foto: Paul Zinken / dpa

Nicht immer ist die Grenze zwischen religiösem oder auch politischem Fanatismus und Wahnsinn leicht zu ziehen. Im Fall von Sarmad A. sind sich Verteidigung und Generalstaatsanwaltschaft einig: Der Angeklagte ist krank. Laut Anklage leidet er an paranoider Schizophrenie. »Es geht hier nicht um die Tat eines islamistischen Terroristen«, betont sein Verteidiger vor Gericht.

Sarmad A. muss sich unter anderem wegen versuchten Mordes, Sachbeschädigung und Fahrerflucht vor Gericht verantworten. Doch ob er für die Taten verantwortlich gemacht und bestraft werden kann, selbst wenn an seiner Täterschaft kein Zweifel besteht, ist fraglich. Denn auch nach Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft hat der 30-Jährige ohne Schuld gehandelt.

Aufgrund krankheitsbedingter religiöser Wahnvorstellungen soll er im Tatzeitraum nicht in der Lage gewesen sein, das Unrecht seines Handelns einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Statt einer Gefängnisstrafe droht Sarmad A. eine zeitlich unbegrenzte Unterbringung in der forensischen Psychiatrie.

Gegen 18.37 Uhr »in Tötungsabsicht« auf einen Motorroller zugerast

Gegen 18.35 Uhr soll Sarmad A. laut Anklage an jedem Abend am Autobahndreieck Funkturm in Berlin-Charlottenburg auf die Autobahn in Richtung Süden gefahren sein. Auf der Stadtautobahn gilt Tempo 80, Sarmad A. soll mit mindestens 100 km/h, stellenweise mit bis zu 150 km/h unterwegs gewesen sein. Kurz nach der Auffahrt auf die Autobahn stieß er in seinem Opel mit einem ersten Auto zusammen – und fuhr weiter.

In Höhe des Kurfürstendamms kollidierte Sarmad A.s Opel kurz darauf erst mit einem Smart, dann mit einem Kleintransporter. Er soll die Fahrzeuge mit seinem Auto überholt und so knapp vor ihnen eingeschert sein, dass er einen Zusammenstoß provozierte. Wieder fuhr er weiter. Wenige Minuten später scherte er viel zu dicht vor einem Opel Corsa ein, erneut kam es zu einer Kollision. In dem Opel Corsa saß ein Mann mit seinem fünfjährigen Kind. Sarmad A. fuhr weiter.

Gegen 18.37 Uhr soll der Angeklagte mit rund 130 km/h mit seinem Opel »in Tötungsabsicht« auf einen Motorroller zugerast sein. Der Opel fuhr auf den Motorroller auf, der Fahrer, ein Feuerwehrmann, wurde durch die Wucht des Aufpralls durch die Luft geschleudert und knallte auf die Fahrbahn. Trümmerteile flogen umher. Der Feuerwehrmann wurde lebensgefährlich verletzt, er überlebte nur knapp. Sarmad A. fuhr weiter.

Mit seinem Opel rammte der Angeklagte einen nächsten Motoroller. Der Fahrer knallte auf die Straße, wurde schwer verletzt. Gegen 18.40 Uhr fuhr der Angeklagte mit seinem Auto dann laut Anklage »gezielt« von hinten gegen ein Motorrad. Der Motorradfahrer prallte gegen die Frontscheibe von Sarmad A.s Opel, bevor er auf die Straße fiel. Sein Motorrad verkeilte sich unter dem Auto des Angeklagten. Sarmad A. fuhr weiter, die Lenkung seines Wagens versagte. Er raste mit seinem Auto gegen eine Wand.

»Ihr werdet alle sterben«

Sarmad A. stieg aus seinem zerstörten Wagen, schraubte das hintere Autokennzeichen ab und rief laut Anklage »Allahu akbar« und »Ihr werdet alle sterben«. Dann soll er eine olivgrüne Munitionskiste auf das Autodach gestellt und von »Krieg« gesprochen haben. Die Polizei vermutete Sprengstoff in der Kiste, tatsächlich befanden sich darin Werkzeuge und Koran-Auszüge. Sarmad A. rollte einen Gebetsteppich auf der Straße aus und begann zu beten, heißt es in der Anklage. Einen Polizisten soll der Angeklagte gewarnt haben: »Renn, du wirst sterben!« Sarmad A. wurde überwältigt. »Soldat Gottes« soll er sich bei seiner Festnahme genannt haben.

Was passiert ist, ist »erschreckend und schrecklich«, sagt Verteidiger Rolf-Matthias Schmidt nach Verlesung der Anklage vor Gericht. Er bittet darum, das Schweigen seines Mandanten nicht falsch zu verstehen. »Ihm tut das Geschehene sehr leid«, sagt sein Anwalt. Sarmad A. sei kein Terrorist, der willentlich Menschen töten wollte. Er habe vollkommen ungeplant, spontan und im Wahn gehandelt. Die Ursache seines Handelns liege in seiner Erkrankung.

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Source: spiegel

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