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Afghanistan: Mehr als tausend Menschen durch Erdbeben getötet

2022-06-22T16:36:47.808Z


Nach dem Erdbeben in der afghanisch-pakistanischen Grenzregion steigen die Opferzahlen wohl weiter. Die Taliban bitten das Ausland um Hilfe in »dieser großen Tragödie«, doch das gestaltet sich schwierig. Der Überblick.


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Ein Erdbeben erschüttert den Osten Afghanistans: Ruinen in der afghanischen Provinz Chost

Foto: AP

Was ist passiert?

In der Nacht zu Mittwoch bebte an der Grenze von Afghanistan und Pakistan die Erde. Die US-Erdbebenwarte vermeldete für das Beben um 1.30 Uhr die Stärke 5.9 sowie ein etwas schwächeres Nachbeben. Demnach befand sich das Zentrum rund 50 Kilometer südwestlich der Stadt Chost in rund zehn Kilometern Tiefe.

Pakistanische Behörden hatten das Beben mit einer Stärke von 6.1 registriert. Demnach waren die Erschütterungen in weiten Teilen des angrenzenden Landes – so auch in der Hauptstadt Islamabad und selbst in Lahore im Osten des Landes – zu spüren.

Wie viele Opfer gibt es?

Das Beben dürfte zahlreiche Menschen in der Nacht überrascht haben. Die Zahl der bestätigten Todesopfer stieg in den ersten Stunden nach dem Beben rasant. War zunächst bereits von 100, dann 250 getöteten Menschen die Rede, wurden die Angaben später auf mehr als 1000 erhöht. Und die Opferzahl steige weiter, sagte der Leiter der dortigen Informations- und Kulturbehörde, Mohammed Amin Husaifa laut Nachrichtenagentur AFP: »Die Menschen graben ein Grab nach dem anderen.«

Mindestens 1500 Bewohnerinnen und Bewohner in der Region im Osten Afghanistans seien zudem verletzt worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Bakhtar. Nach Angaben des Uno-Nothilfebüros OCHA wurden bis zu 1800 Häuser zerstört.

Über Verletze oder Schäden in Pakistan war zunächst nichts bekannt. Pakistans Premierminister Shehbaz Sharif drückte im Internet seine Betroffenheit aus und stellte Hilfe für die Menschen im Nachbarland in Aussicht.

In der Region am Hindukusch und den Nachbarländern, dort, wo die Arabische, die Indische und die Eurasische Platte aufeinandertreffen, kommt es immer wieder zu schweren Erdbeben. 1998 erschütterten zwei Beben den Norden Afghanistans, insgesamt starben mehr als 6300 Menschen. In der geteilten Region Kaschmir im pakistanisch-indischen Grenzgebiet kamen 2005 mehr als 87.000 Menschen ums Leben. Im Nachbarland Iran starben bei einem Beben 2003 mehr als 31.000 Menschen, 30.000 wurden verletzt.

Wie groß ist die Zerstörung?

Nach Angaben der Taliban-Regierung wurden Dutzende Häuser in den Provinzen Paktika und Chost zerstört. Die Bauweise in der armen und wirtschaftlich schwachen Region ist nicht erdbebensicher, viele Familien leben dicht zusammen. Afghanische Medien berichteten, ein Dorf sei komplett zertrümmert worden.

Ein Augenzeuge berichtet der Nachrichtenagentur dpa vom Ausmaß der Zerstörung: »Überall herrscht ein großes Chaos. Ich habe in einer Stunde hundert Leichen gezählt«, sagte der Journalist Rahim Chan Chushal. »Das Grauen ist groß. Die Eltern können ihre Kinder nicht finden und die Kinder ihre Eltern nicht. Jeder fragt sich, wer tot ist und wer lebt. Die Häuser sind aus Lehm, und deshalb wurden sie alle durch die starke Erschütterung zerstört.«

Wie ist die humanitäre Lage vor Ort?

Das bergische Terrain im Osten des Landes ist abgelegen und erschwert die Rettungsarbeiten, auch der Handyempfang ist schlecht. Die Taliban, die seit August 2021 wieder in Afghanistan herrschen, riefen eine Notsitzung des Kabinetts zusammen. Hubschrauber wurden in die Unglücksregion geschickt, um den Menschen vor Ort zu helfen.

Der zurückgezogen lebende oberste Taliban-Chef, Haibatullah Akhundzada, der sich fast nie in der Öffentlichkeit zeigt, rief »die internationale Gemeinschaft und alle humanitären Organisationen« auf, »dem von dieser großen Tragödie betroffenen afghanischen Volk zu helfen« und dabei »keine Mühen zu scheuen«, wie es laut Nachrichtenagentur AP in einer Mitteilung hieß. Hochrangige Vertreter der Taliban wiederholten den Hilferuf.

Wie wird geholfen?

Bereits am Mittwoch trafen Helfer des afghanischen Roten Halbmonds an der Unglücksstelle ein. Man haben rund 4.000 Decken, 800 Zelte und 800 Küchensets in die Region geschickt, hieß es. Die italienische Hilfsorganisation Emergency, die noch immer in Afghanistan tätig ist, hat nach eigenen Angaben sieben Krankenwagen und Mitarbeiter in die dem Beben am nächsten gelegenen Gebiete geschickt. Die meisten internationalen Hilfsorganisationen aber haben Afghanistan nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban verlassen.

Die Katastrophe trifft Afghanistan in einer Zeit, in der das Land ohnehin tief in einer der schlimmsten humanitären Krisen steckt.

Die Bundesregierung sicherte Hilfe zu. Auch wenn Deutschland das Taliban-Regime nicht anerkenne, so werde die Bundesregierung das Land auch weiter im Rahmen der humanitären Hilfe unterstützen, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Auch die EU stellte Hilfslieferungen in Aussicht.

Der Uno-Sonderbeauftragte für humanitäre Angelegenheiten in Afghanistan, Ramiz Alakbarov, schrieb mit Verweis auf das Nothilfebüro auf Twitter, weitere Hilfen würden mobilisiert.

Die Vereinten Nationen bräuchten 15 Millionen Dollar sofortige Hilfe. Diese Zahl gelte nur für die durchgeführten Hilfsmaßnahmen am Mittwoch und werde steigen, sagte Alakbarov nach dpa-Angaben. Die Vereinten Nationen hätten bereits zehn Tonnen an medizinischen Hilfsgütern in die betroffenen Regionen gebracht sowie Chirurgen und Ärzte.

Man sei zudem in Gesprächen mit Ländern der Region wie der Türkei, um diese möglicherweise um humanitäre Unterstützung zu bitten. Dabei gehe es auch um größeres Gerät und Logistik: »Wir haben, wie gesagt, nicht die Kapazitäten, Menschen unter den Trümmern hervorzuholen.«

sak/dpa/Reuters/AP/AFP

Source: spiegel

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