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Die Lage zum Superwahljahr 2021: Das Unionsdrama um Laschet und Söder

2021-04-14T13:46:59.526Z


CDU und CSU im Schockzustand: Wie die offene Feldschlacht zwischen Armin Laschet und Markus Söder die Union spaltet. Das ist die Lage im Superwahljahr. Söder, der Zerstörer Es ist ja nicht so, als hätte das Land gerade nicht einige sehr wichtige Fragen zu klären. Sie wissen schon, die Pandemie, explodierende Infektionszahlen, volle Intensivstationen, die schleppende Impfkampagne. Aber CDU und CSU befassen sich lieber mit sich selbst, schlimmer noch: Sie zerstören sich selbst. Wer soll das alles noch glauben, das Gerede von der Geschlossenheit,


Söder, der Zerstörer

Es ist ja nicht so, als hätte das Land gerade nicht einige sehr wichtige Fragen zu klären. Sie wissen schon, die Pandemie, explodierende Infektionszahlen, volle Intensivstationen, die schleppende Impfkampagne. Aber CDU und CSU befassen sich lieber mit sich selbst, schlimmer noch: Sie zerstören sich selbst.

Wer soll das alles noch glauben, das Gerede von der Geschlossenheit, vom Zusammenhalt? Nach der denkwürdigen, offenen Feldschlacht zwischen Markus Söder und Armin Laschet und ihrer jeweiligen Truppen in der Fraktionssitzung am Dienstag liegt die Union vielleicht noch nicht in Trümmern, aber sie wackelt doch bedenklich. Mancher wähnt sie vor der Spaltung, vielleicht noch näher dran als 2018, im großen Streit um die Flüchtlingspolitik.

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Kontrahenten Laschet, Söder

Foto: Michael Kappeler / dpa

Wenn der CSU-Vorsitzende jetzt sagt, er wolle das Treffen mit den Abgeordneten nun auf sich »wirken lassen«, um dann zu überlegen, wie es weitergeht, kann man aus Sicht der Union nur hoffen, dass er dabei nicht nur seine persönliche Karriere im Blick hat, sondern auch das Wohl der Schwesterparteien.

Verantwortlich für die verfahrene Lage sind beide: Laschet und Söder haben den Karren sehenden Auges vor die Wand fahren lassen. Der CDU-Chef hat geglaubt, es werde schon reichen, wenn sich die Führungszirkel der Partei hinter ihn stellen, so war es ja immer. Womöglich hat er den Machthunger seines Kontrahenten unterschätzt. Hat geglaubt, dass Söder, indem er seine Bereitschaft zur Kanzlerkandidatur erklärt, in Wahrheit nur seinen Rückzug einleitet – schließlich betonte der bayerische Ministerpräsident, die CDU müsse ihn schon rufen.

Nur sagte er nicht, wer ihn rufen soll. Präsidium und Vorstand der Christdemokraten meinte Söder jedenfalls nicht, lieber diskreditierte ausgerechnet er, der Mann des politischen Establishments, die Gremien der Schwester als überholte, abgehobene Klüngelrunden, die nicht auf die Basis, auf Volkes Willen hörten. Söder zog knallhart durch, ohne Rücksicht auf Verluste.

Und jetzt? Sitzt der Schock in der Union tief, ist das Entsetzen groß, herrscht Ratlosigkeit. Einen gesichtswahrenden Ausweg gibt es nicht mehr. Laschet wäre ein Kanzlerkandidat, den die CSU und viele CDU-Abgeordnete um jeden Preis verhindern wollten. Söder wäre ein Kandidat, der den CDU-Chef und die ganze Führungsriege demontiert hat.

Das sind nicht allzu prächtige Voraussetzungen für die kommenden Monate. Aber ich kann es schon hören, wenn sich die beiden Duellanten im Laufe der Woche endlich unter Schmerzen verständigt haben: »Wir werden uns nun unterhaken, gemeinsam und geschlossen in den Wahlkampf ziehen!«

Satire darf alles.

Was passiert in der Republik 21?

Vor einer Woche hat Ihnen mein Kollege Martin Knobbe an dieser Stelle die Republik 21 vorgestellt. Zur Erinnerung: So heißt das SPIEGEL-Projekt, mit dem wir Sie, liebe Leserin, lieber Leser, durch dieses außergewöhnliche Wahljahr begleiten wollen. In was für einem Land wollen wir eigentlich leben?Auf diese Frage wollen wir in den kommenden Monaten bis zur Bundestagswahl mit Ihnen gemeinsam Antworten suchen.

DER SPIEGEL

Am heutigen Mittwochabend geht es auf der Plattform Clubhouse ab 21 Uhr um die Frage, wie sich Jugendliche stärker an wichtigen Entscheidungen beteiligen können – und ob es sinnvoll wäre, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken.

Darüber diskutieren unter anderem unsere Kolleginnen und Kollegen Silke Fokken, Kristin Haug und Armin Himmelrath mit Dario Schramm, dem Vorsitzenden der Bundesschülerkonferenz, und Selma Konrad, Vorsitzende der Landesschülervertretung Thüringen. Wenn Sie dabei sein wollen, klicken Sie hier.

Sind soziale Netzwerke für faire demokratische Debatten geeignet? Diese Frage stellt sich im Superwahljahr unter Corona-Bedingungen besonders, wenn fast der gesamte Meinungsaustausch im Netz stattfindet. Social Media bieten fast allen Zugang zu Diskussionen, Shitstorms und Hate Speech schrecken aber viele auch ab. Wie sich daraus das Beste machen lässt, hören Sie ab Donnerstag im neuen Stimmenfang-Podcast mit Marius Mestermann.

Und schon ein Ausblick auf die nächste Woche: Am Mittwoch, dem 21. April, gehen die Mitmachformate der Republik 21 auf Instagram und auf der Website in die nächste Runde. Beim SPIEGEL Live Q&A auf spiegel.de und auf Instagram lautet das Thema: »Kampf um die Demokratie – Welche Rolle spielt Desinformation bei der (politischen) Meinungsbildung?« Alle weiteren Infos finden Sie kommende Woche auf der Themenseite zu Republik 21.

Wir freuen uns auf Sie!

Was die Umfragen sagen

Der eine sieht sie als maßgebliches Kriterium, der andere hält sie für »kurzlebig«, eine Momentaufnahme. Warum Markus Söder und Armin Laschet im Kampf um die Kanzlerkandidatur so fundamental anders auf die Umfragen blicken, erklärt sich beim Blick auf die neuesten Zahlen schnell.

Die Meinungsforscher vom Institut Civey haben für den SPIEGEL noch einmal die Bewerberpräferenzen der Deutschen ausgewertet: Die Werte sind für den CSU-Vorsitzenden nach wie vor phänomenal, für den CDU-Chef dagegen eine Katastrophe:

Das ist sicher mehr als eine Momentaufnahme, die Unterschiede zwischen Söder und Laschet sind schon länger eklatant. Aber, und da hat der NRW-Ministerpräsident einen Punkt: Umfragewerte sind nie in Stein gemeißelt.

Gerade Laschet hat mit schlechten Zahlen so seine Erfahrungen – Regierungschef und CDU-Vorsitzender ist er trotzdem geworden. Und auch der Verweis auf Jens Spahn ist nicht ganz falsch: Der Gesundheitsminister war vor Kurzem noch so populär, dass er selbst seine Chancen als Kanzlerkandidat auslotete. Nach den Pannen im Corona-Krisenmanagement folgte der Absturz. Nur, wer will sich darauf verlassen, dass Laschet die Trendwende in die andere Richtung schafft?

Erstaunlicherweise hat sich die Union trotz des harten Machtkampfes in der Sonntagsfrage etwas stabilisiert, wenn auch auf niedrigem Niveau. In der neuesten Civey-Auswertung für den SPIEGEL schaffen es CDU und CSU wieder auf die 30-Prozent-Marke.

Die Grünen wahren den Sicherheitsabstand und liegen bei 23 Prozent. Die SPD kann vom Unionsdrama gar nicht profitieren, im Gegenteil, die Genossen um Kanzlerkandidat Olaf Scholz kommen nur auf 14 Prozent.

Der Wahlkreis der Woche: #1

Auch bei den Grünen gibt es zwei Bewerber für die Kanzlerkandidatur. Nur läuft der Machtkampf hier so still und leise, dass sich diese Bezeichnung eigentlich verbietet. Am liebsten würden Annalena Baerbock und Robert Habeck den Einzug ins Kanzleramt wohl gemeinsam planen, aber das ist im Grundgesetz nicht vorgesehen. Daher werden die beiden der Öffentlichkeit am kommenden Montag mitteilen, wer sich denn nun um Merkels Erbe bemühen soll. Ein Parteitag soll den Kandidaten dann im Juni offiziell nominieren. Dazu nächste Woche an dieser Stelle mehr.

Auf dem Weg zur Volkspartei haben die Grünen auch den Anspruch, ihre Ausbeute an Direktmandaten auszubauen. Die ist bisher nämlich mager: Einen einzigen Wahlkreis kann die Partei seit 2002 regelmäßig gewinnen, der liegt im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und war Stammland von Hans-Christian Ströbele, bevor hier bei der letzten Wahl erstmals Canan Bayram antrat.

Nun wollen die beiden Parteichefs aufstocken: Annalena Baerbocks Ambitionen in Potsdam haben wir hier bereits verhandelt, Robert Habeck tritt im Wahlkreis Flensburg-Schleswig mit der vielsagenden Nummer 1 an.

In seiner Heimat, wo seine politische Karriere begann, will Habeck der CDU-Abgeordneten Petra Nicolaisen das Direktmandat abluchsen, was trotz Promi-Bonus kein leichtes Unterfangen wird: Nicolaisen holte 2017 genau 40 Prozent der Erststimmen, Grünen-Bewerber Peter Wittenhorst 10,5 Prozent. Andererseits: Wer Kanzler werden will, sollte – bei allem Respekt – eine christdemokratische Hinterbänklerin schlagen können. Hoffnung machen kann Habeck das Ergebnis der Europawahl vor zwei Jahren. Da wurden die Grünen in der Region (wie auch landesweit in Schleswig-Holstein) stärkste Kraft vor der CDU.

»Dass ein grüner Kandidat ausgerechnet einen ländlich geprägten Wahlkreis am Rand der Republik gewinnen kann, dürfte noch vor nicht so langer Zeit als ausgeschlossen gelten. Aber die Zeiten haben sich geändert«, schreibt Habeck auf seiner Website und ergänzt in aller Bescheidenheit: »Wir haben die Zeiten geändert.«

Der Social-Media-Moment der Woche

In der Debatte über die Notbremse, um mehr Kompetenzen des Bundes, in der Pandemie durchzugreifen, sind die Ausgangssperren zum Reizwort in den sozialen Medien geworden. Der Hashtag liegt weit oben in den Twittertrends, was auch daran liegt, dass es der Bundesregierung schwerfällt, diesen Freiheitsentzug zu begründen.

Viele fragen sich, warum ein Spaziergang nach 21 Uhr gefährlich sein soll, warum es stattdessen keine Regeln für voll besetzte Busse und Bahnen gibt, warum der Aufenthalt draußen so hart geregelt wird, wenn doch die Übertragung des Virus durch Aerosole vor allem in Innenräumen geschieht.

Dass der Sinn der Maßnahme vor allem darin liegt, die Menschen davon abzuhalten, sich abends in größeren Mengen zu privaten Feiern, Dinnerpartys oder Filmabenden zu verabreden, lässt sich in 280 Zeichen eben nicht so schnell erklären. Mein Kollege Christoph Seidler tut es deswegen hier etwas ausführlicher.

Auf Twitter hat sich inzwischen eine stille Protestform gegen die ewigen Beschränkungen entwickelt. Unter dem Hashtag #ZeigtHerEureSehnsuchtsorte posten Nutzer ihr Träume für eine Post-Lockdown-Zeit, wann immer sie auch kommt.

Die Storys der Woche

Diese politisch relevanten Geschichten aus unserem Hauptstadtbüro möchte ich Ihnen besonders empfehlen:

  • Armin Laschet und Markus Söder in der Unionsfraktion: Die Entladung

  • Die Union und ihr Problemfall Laschet: Häuptling Wirdsonix

  • SPIEGEL-Leitartikel zur Unionskrise: Ab in die Opposition

Herzlich,

Ihr Philipp Wittrock

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Source: spiegel

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