Jérôme Boateng (.) und Kylian Mbappé
Foto: JB Autissier / imago images/PanoramiCIn den vergangenen zwölf Monaten hat sich eine Kluft zwischen dem Fußball und seinen Fans aufgetan, die größer und größer zu werden scheint. Nach dem x-ten Spiel vor leeren Rängen, mit eingespielten Fangesängen und unter pandemiegerechten Begleitumständen packt einen die Müdigkeit. Gewonnen? Verloren? Okay, irgendwie auch egal. Es berührt einen einfach nicht mehr so.
Die beiden Begegnungen im Champions-League-Viertelfinale zwischen dem FC Bayern München und Paris Saint-Germain haben dem Betrachter etwas gegeben, was schon vergessen schien: den Rausch des Spiels, die Klagen, das Zetern, das Aufschreien. Latte Neymar! Warum legt Sané den nicht quer? Navas, mach hin!
Selbst für Sportjournalisten und Sportjournalistinnen ist es ungewohnt, plötzlich wieder mit der Essenz dieses Sports konfrontiert zu sein. Dass da 180 Minuten lang etwas passiert, das für sich spricht. Spannung, Aufregung, Dramatik. Sportler, die Weltklasse verkörpern. In strahlenden Farben leuchtet da auf einmal der Fußball wieder, und all die Nebengeräusche rücken für drei Stunden in den Hintergrund.
Man hat sich in der Corona-Ausnahmesituation notgedrungen schon so an das ewige Beleuchten des Drumherums gewöhnt, dass der Kern des Ganzen einen fast erschrickt. Vor lauter Hygienekonzepten und EM-Standort-Rangeleien ist das Eigentliche in den Hintergrund gerückt: der Sport, die Leidenschaft. Es fällt in einer Zeit, deren Puls von einem Virus diktiert wird, schwer, dafür plötzlich wieder Worte zu finden.
Warum schauen Menschen Sport? Was lässt sie teilhaben an dieser doch eigentlich nebensächlichen Beschäftigung? Der Hauptgrund ist doch nicht das Gerangel in diesem oder jenen Aufsichtsrat, Verfahrensfragen oder Fehlverhalten abseits des Platzes – die Menschen lieben Sport, sie lieben Fußball, wegen dem, was auf dem Platz passiert. Sie erkennen und bewundern Ästhetik, sie wollen mitleiden, jubeln, sich gemeinsam in 90 Minuten verlieren.
Diese Faszination ist verschüttet, aber sie wird wiederkommen. Spätestens dann, wenn wieder Zuschauer und Zuschauerinnen in die Stadien zurückkehren. Irgendwann.
Eine Ahnung davon, was einen dann erwartet, haben uns die Spiele zwischen dem FC Bayern und Paris Saint-Germain vermittelt. Es war an der Zeit.