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Lynk&Co 01 im Test: Bitte kaufen Sie unser Auto... nicht

2021-04-12T03:07:46.732Z


Fahrzeuge abonnieren und sie mit Fremden teilen: Mit diesen Ideen startet die chinesische Volvo-Schwester Lynk&Co. auf dem deutschen Markt. Ihr Modell 01 ist unter der Haube leider weniger innovativ.


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Der Lynk&Co 01 ist ein chinesisches Hybridmodell, das optisch ein bisschen dem Porsche Macan ähnelt. Wirklich neu und anders ist das Vertriebskonzept, denn der Hersteller möchte dieses Auto gar nicht verkaufen, sondern viel lieber dauerhaft vermieten.

Foto: Lynk

Der erste Eindruck: Gähn! Schon wieder ein kompaktes SUV. Die hochgesetzten Scheinwerfer sehen zwar ganz pfiffig aus. Doch in dem am dichtesten besetzten Marktsegment braucht es ein bisschen mehr, um herauszustechen.

Das sagt der Hersteller: Die Welt ist kompliziert genug, da sollten wir es uns wenigstens beim Auto leicht machen — so argumentiert Lynk&Co-Chef Alain Visser für das besondere Vertriebskonzept der Tochter des chinesischen Geely-Konzerns. Während die Kunden bei anderen Herstellern Prospekte studieren und Listen mit Extras durcharbeiten, bietet Lynk&Co nur die Wahl zwischen schwarzem oder blauem Lack sowie zwischen zwei Motoren. Statt auf ein Händlernetz setzt die Firma — abgesehen von wenigen Pop-up-Stores — auf Internetvertrieb und liefert die Neuwagen nach Hause. Noch ungewöhnlicher: Ex-Opel- und Volvo-Manager Visser wünscht sich wenig Käufer. Stattdessen sollen die Kunden lieber »Member« werden und das Auto für eine Pauschale von 500 Euro pro Monat benutzen, statt es zu besitzen. Dieses Flatrateprinzip verfolgt eine wachsende Zahl von Herstellern und Aboanbietern.

Lynk&Co kopiert aber noch ein weiteres Konzept der digitalen Ökonomie – das Sharing. So, wie manche ihre Wohnung über AirBnB teilen, lässt sich der Wagen von Lynk&Co mit anderen nutzen. Der Besitzer (oder Mieter) kann das Auto über das Infotainmentsystem freigeben, statt es in der Stadt oder am Flughafen tagelang ungenutzt herumstehen zu lassen. Zeitraum und Preis bestimmt er selbst. Menschen, die sich bei Lynk kostenlos registrieren und das Auto zeitweise nutzen wollen, bekommen einen temporären, digitalen Schlüssel für den Wagen aufs Smartphone. Sie müssen den Wagen zur rechten Zeit wieder an den richtigen Platz stellen. »Wir hoffen, dass sich daran alle halten«, sagt eine Lynk&Co-Mitarbeiterin. »Sicherheitshalber haben wir aber immer ein paar Fahrzeuge in der Hinterhand, mit denen wir sicherstellen, dass unser Mitglied mobil bleibt, wenn beim Sharing mal was schiefgeht.«

Fahren mit Flatrate, Ausstattung »All Inclusive«, Geld verdienen statt Parkgebühren zahlen — all diese Ansätze sind innovativ. Lynk&Co muss sich aber fragen lassen, warum eine so neue und progressive Marke im Jahr 2021 nicht auf einen reinen Batterieantrieb setzt. Offizielle Antwort: Weil E-Motor und Batterie nicht zum Ansatz der radikalen Vereinfachung passen. Das Leben mit dem Ladekabel sei noch zu kompliziert.

Das ist uns aufgefallen: Einsteigen, anlassen, losfahren — die ersten Meter mit dem »Zero-One«, wie der Modellname 01 ausgesprochen wird, fühlen sich sehr gewöhnlich an. Denn der Lynk&Co 01 ist ein kompaktes SUV wie jedes andere. Mit genügend Platz, damit zumindest der Nachwuchs in der zweiten Reihe noch bequem sitzen kann, mit einem großen Kofferraum und einem soliden Antrieb. Die Bedienung gibt keine Rätsel auf, die Instrumente sind digital und hübsch animiert. Die Ausstattung ist mit vielen Assistenten und Annehmlichkeiten wie der elektrischen Heckklappe und Panoramadach sehr gehobener Durchschnitt. Fürs gute Gewissen gibt’s Econyl-Sitzbezüge. Die werden aus recycelten Nylonfasern statt Kuhhäuten gefertigt.

Hat man sich an das Schnattern des Dreizylindermotors gewöhnt, fährt der Wagen im besten Sinne unauffällig, wie ein beliebiges SUV. Sobald man im ersten Stau mit dem Infotainment spielt, entdeckt man aber ein paar Besonderheiten. Weil viele Chinesen fast alles via Smartphone organisieren, gibt’s auf dem großen Bildschirm ein paar einzigartige Apps — von der Quizshow bis zur Selfiekamera.

Das muss man wissen: Technisch ist der 01 eng verwandt mit dem Volvo XC40, die schwedische Marke gehört ebenfalls zum Geely-Konzern. Auch für den Service hierzulande nutzt Lynk&Co das Volvo-Netzwerk. Die Mitglieder sollen aber nie selbst eine Werkstatt besuchen, Mitarbeiter des Unternehmens holen und bringen Auto.

Mit 4,54 Metern ist der 01 etwas länger und daher geräumiger als der XC40. Zur Wahl stehen zwei Hybridantriebe, beide mit 1,5 Liter großem Dreizylinder-Benziner. Beim konventionellen Hybrid leistet der Verbrenner 143 PS und wird von einer E-Maschine mit 40 kW unterstützt. Der kleine Pufferakku erlaubt nur ein paar Kilometer im rein elektrischen Betrieb, daher liegt der Normverbrauch bei 6,6 Liter. Die Plug-in-Hybridvariante kommt auf 180 PS Benziner-Leistung und 60 kW aus der E-Maschine. Im 17,6 kWh (brutto) großen Akku steckt Energie für bis zu 69 Kilometer, was den theoretischen Normverbrauch auf 1,2 Liter auf 100 Kilometern drückt.

Vor fünf Jahren wurde Lynk&Co gegründet, seit 2017 ist die Firma in China auf dem Markt. In Europa soll es, nach mehreren Verschiebungen, in diesem Frühjahr losgehen. Das Membership-Modell von Lynk&Co funktioniert so: Für 500 Euro im Monat sind auch Steuer, Versicherung, Wartung und Service sowie die Reifenwechsel abgedeckt. Enthalten sind 1250 Freikilometer pro Monat. Den Sprit muss der Fahrer zusätzlich bezahlen. Nicht verbrauchte Kilometer werden für den Folgemonat gutgeschrieben. Wer überzieht, zahlt 15 Cent pro Kilometer. Kündbar ist der Vertrag monatlich. Wer partout lieber besitzen als nur benutzen will, kann den 01 auch kaufen, heißt es beinahe zähneknirschend: Die Preise liegen bei 35.000 Euro (Hybrid) und 42.000 Euro (Plug-in-Hybrid).

Das werden wir nicht vergessen: Das Dialogprogramm »CarLab« im Infotainmentsystem. Darüber teilen Nutzerinnen und Nutzer Erfahrungen und Änderungsvorschläge mit den Entwicklern. Schöne Idee, bei diesem Auto aber ziemlich überflüssig. Denn viel gibt es nicht, was man am 01 besser machen könnte. Und den Wunsch nach einem anderen Antrieb wird der Hersteller den Fahrern wohl so schnell nicht erfüllen.

Source: spiegel

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